In aller Kürze:
Ja, Essen gehen mit Nahrungsmittelallergien ist möglich!
Es kommt allerdings darauf an, welches Restaurant man auswählt, wie man dort kommunizieren und welche Informationen man bekommen kann – und wie am Ende das eigene Bauchgefühl mitspielt.
Hier auch zum Anhören im Nuss-Knacker-Podcast:
In länger:
Gehst du bzw. geht ihr als Familie mit Nahrungsmittelallergien ab und zu mal Essen?
Wenn die Kinder klein sind, geben sie sich oft noch mit eigenem Essen zufrieden, z.B. einem Gläschen oder mitgebrachten Knabbereien in die Hand drücken.
Aber wenn sie größer werden, dann wollen und sollen sie eigentlich ganz normal mitessen.
Später sind sie sogar so groß, dass sie selbst mit ihren Freund*innen losziehen und mal schnell irgendwo was essen wollen.
Als Erwachsene werden sie vielleicht früher oder später mit Geschäftsessen oder anderen offiziellen Anlässen konfrontiert.
Wäre es nicht gut, sie hätten bis dahin Erfahrungen mit dem Essen gehen gesammelt – im Idealfall sogar gute Erfahrungen?
Leichter gesagt als getan…
(Auch wenn „Essen gehen“ jede Form des Außer-Haus-Caterings umfasst – Schul- oder Uni-Mensa, Bestellservice, Buffet im Urlaubs-Hotel, Verpflegung in der Jugendherberge usw. – liegt hier in diesem Artikel der Fokus auf dem Restaurantbesuch.)
Restaurantbesuch mit Erdnussallergie, Nussallergie und Multi-Allergien – geht das?
Ja! Grundsätzlich kann man auch mit Allergien Essen gehen, so wie man generell theoretisch (fast) alles machen kann, mit und trotz Allergien. Frei nach dem Motto:
Nicht die Allergie bestimmt unser Leben, sondern wir bestimmen unser Leben mit der Allergie.
Die Frage ist immer nur:
- Wie kann man es möglichst allergiesicher umsetzen?
- Unter welchen Voraussetzungen kann man es machen?
- Welche Alternativen gibt es eventuell?
Allergie ist nicht gleich Allergie
Wie gut das Essengehen klappt, hängt u.a. davon ab, welche Allergien in welcher Ausprägung vorliegen. Bei einer reinen Erdnussallergie ist es eher möglich, geeignete Restaurants zu finden, als bei Multi-Allergien z.B. gegen Milch, Ei, Weizen, Fisch, Nüsse, Erdnüsse u.v.m.
Bei einer weniger stark ausgeprägten Allergie mit einer höheren Toleranzschwelle ist Essen gehen leichter möglich als bei bekannten Reaktionen schon auf Kleinstmengen – vorausgesetzt, man kann die individuellen Toleranzschwellen ungefähr einschätzen, z.B. aus einem Provokationstest. LINK
Eigener Wunsch oder „Zwangssituation“?
Ob bzw. wie gut das Essengehen gelingt, hängt auch vom Anlass, von den Begleitumständen und dem individuellen „Wohlfühlfaktor“ ab:
Geht es z.B. um die Einladung zu einer Familienfeier, die in einem Restaurant stattfindet?
Oder um einen geschäftlichen Anlass?
Solche „Zwangskontexte“ bringen andere Voraussetzungen mit sich, als wenn man aus eigener Motivation heraus ein Restaurant sucht, weil man sich etwas „gönnen“ möchte, weil man etwas zu feiern hat, oder weil man einfach mal nicht kochen möchte.
Restaurant-Auswahl
Wie und wo kann man mit Nahrungsmittelallergien Essen gehen?
Manche Restaurants haben allein durch ihr Konzept ein höheres Risikopotenzial für allergische Reaktionen.
Bei Erdnussallergie ist z.B. die chinesische Küche eher ungeeignet, weil viel mit Erdnüssen und Erdnussöl gekocht wird, wohingegen Erdnüsse in der italienischen Küche so gut wie gar nicht vorkommen.
Restaurants aus der Systemgastronomie arbeiten mit vorkonfektionierten Lebensmitteln und standardisierten Abläufen. Mit dieser eingeschränkten Kreativität sind sie für Allergiker*innen generell eher geeignet als die z.B. ein veganes Bio-Restaurant bei z.B. Nussallergie.
Allergene Zutaten und „Spuren“
In jedem Restaurant, bei jeder Bestellung kommt man als Allergiker*in nicht umhin, über die eigenen Allergene zu sprechen und die Zutaten bzw. mögliche „Spuren“ diesbezüglich abzuklären.
Der Hinweis „Ich habe eine Erdnussallergie“ bedeutet nicht, dass das Restaurantpersonal automatisch weiß, worauf bei deinem Essen zu achten ist.
Allergendeklaration: Pflicht und Kür in Restaurants
Always read before you eat – when in doubt, leave it out!
Immer lesen, bevor du etwas isst – wenn du nicht sicher bist, lass es weg!
Auch im Restaurant müssen die 14 Hauptallergene als Zutat vollständig und einzeln aufgeschlüsselt (z.B. Haselnuss, Walnuss statt allgemein Nüsse) deklariert werden, und zwar so, dass die Informationen vor der Bestellung einsehbar sind. In Deutschland reicht hier die mündliche Auskunft durch das Personal; die schriftlichen Informationen müssen nur „irgendwo“ stehen.
Die sog. Spurenkennzeichnung ist – ebenso wie bei verpackter Ware – eine freiwillige Angabe. Allerdings besteht in Restaurantküchen ein wesentlich höheres Spuren-Risiko durch Kreuzkontamination bzw. Kreuzkontakt in der Küche.
Zielführende Kommunikation
Enorm wichtig ist daher die Kommunikation mit der Küche über Zutaten und Zubereitungsweisen. Im Gespräch merkt man ziemlich schnell, wie hoch die Bereitschaft des Personals ist, die sog. „Extra-Meile“ zu gehen, d.h. auf die Allergie einzugehen und bestimmte Anpassungen vorzunehmen, Alternativen anzubieten oder Ähnliches.
Je direkter die Kommunikation, d.h. je weniger Menschen involviert sind und je zielführender die Kommunikation verläuft, umso verlässlicher und klarer sind die Auskünfte und umso eher lässt sich Missverständnissen vorbeugen.
Generell empfiehlt es sich, vorab Kontakt mit dem Restaurant aufzunehmen, um vor Ort keine Enttäuschung zu erleben. Gerade bei umfangreicheren Allergien kann man auch vorab einen Termin vereinbaren, wenn im Restaurant wenig zu tun ist, um in Ruhe einzelne Speisen oder Zutaten zu besprechen. Insbesondere bei Familienfeiern trägt die vorige Rücksprache enorm zu einem für alle (!) gelingenden Fest bei.
Wichtig: Dein Bauchgefühl!
Leben ist immer lebensgefährlich. (Erich Kästner)
Über eins müssen wir uns klar sein: Es gibt leider keine 100 %-Sicherheit im Leben…
Ein gewisses „Lebensrisiko“ haben wir alle. Und bei Nahrungsmittelallergien ist dieses allgemeine Lebensrisiko leider um eine zusätzliche Komponente erweitert, die sich aber mit entsprechender Aufklärung, mit wichtigen Informationen und mit gründlicher Kommunikation minimieren lässt.
Nicht zuletzt darf dein ganz eigenes Bauchgefühl mit entscheiden!
Klingt irrational?
Mag sein!
Aber:
Was nützen dir vorab abgeklärte Zutaten und separat zubereitete Speisen, wenn…
- auf dem Teller deines Allergie-Kindes plötzlich doch etwas „Verdächtiges“ auftaucht?
- dir irgendwas „komisch“ vorkommt?
- du doch nicht sicher bist, ob das Küchenpersonal den Unterschied zwischen „lactosefrei“ und „milchfrei“ kennt?
- der eigentlich „sichere“ Nachtisch plötzlich hübsch dekoriert ist?
- plötzlich anderes Personal in der Küche agiert als die-*derjenige, mit der*dem du an einem anderen Tag alles besprochen hattest?
- dein Herz rast oder dir übel ist vor Angst?
Die „persönliche Komfortzone“ ist etwas sehr Individuelles im Allergie-Leben, und sie darf schwanken und sich im Laufe der Jahre verändern. Häufig ist sie innerhalb einer Familie durchaus unterschiedlich ausgeprägt, z.B. wenn ein Elternteil deutlich vorsichtiger ist als das andere…
Gerade anfangs nach der Diagnose braucht es Zeit, in das Allergie-Leben hineinzuwachsen und Vertrauen in die eigenen Allergie-Kompetenzen aufzubauen.
Es braucht Zeit, und das ist auch okay so!
Es ist normal.
Tastet euch langsam ans Thema Essengehen heran, wenn ihr es bisher vermieden habt, aber gern nach und nach ausprobieren möchtet.
Ich helfe euch gern dabei:
Online-Workshop „Essen gehen mit Nahrungsmittelallergien“:
- wie du bzw. ihr als Familie individuell einen Umgang mit dem Thema finden könnt,
- wie ihr konkret mit Restaurants vorab und bei der Bestellung zielführend kommunizieren könnt
- wo typische Allergie-Stolperfallen in Restaurants lauern und wie du sie umgehen kannst
Melde dich gleich 👉 hier zum Online Workshop „Essen gehen mit Nahrungsmittelallergien“ am 27.04.2022 ab 20:00 Uhr an und lass uns zusammen herausfinden, ob, wo und wie ihr mit euren Allergien (demnächst) Essen gehen könnt! 😍
Ich freu mich auf dich!
Herzlichst
Kristina Schmidt
P.S. Kann Spuren von Wissen enthalten!
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